
Akzeptieren Unternehmen, dass es Krisen gibt? Und was versteht man unter "Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens"? Darüber spreche ich mit Dr. Ulrich Franke, Unternehmensberater und Experte für Resilience Management.
Der Lockdown läuft aus. Können Unternehmen nun das Thema Krise abhaken? Dr. Ulrich Franke: Nein. Die nächste Herausforderung kommt. Das kann ein nächster Lockdown im Herbst sein. Und dann? Und wenn es kein Lockdown ist, kann am 27. November ein Vulkan ausbrechen oder die Revolution in China. Ich muss ein Unternehmen, egal, was es negativ beeinflusst, darauf einstellen. Die Grundvoraussetzung ist, zu akzeptieren, dass es Krisen gibt.
Und wie gehe ich als Unternehmen damit um, dass es immer wieder Krisen gibt?
Dr. Ulrich Franke: Man sieht es an agilen Menschen oder auch an agilen Unternehmen, wie es funktionieren kann. Agil heißt, dass ich adaptionsfähig bin. Ich als Unternehmen oder ich als Person kann mich auf eine neue Situation schnell und erfolgreich einstellen. So muss ich mein Unternehmen aufbauen.
Wie gehe ich als Unternehmen vor? Dr. Ulrich Franke: Zum einen muss ich gut vorbereitet sein auf Krisen, präventive Maßnahmen ergreifen. Und zum anderen muss ich in der Krise handlungsfähig sein, um schneller als der Wettbewerb wieder auf die Beine zu kommen. Das Zusammenspiel dieser beiden Aspekte bestimmt den Grad der Resilienz meines Unternehmens, der Widerstandsfähigkeit. So kann es sein, dass ein widerstandsfähiges Unternehmen in einer Krise den vorherigen Marktführer überholt. Weil es wieder schneller auf den Beinen ist. Vielleicht sogar andere Unternehmen aufkauft, die in die Knie gegangen sind. Was die Resilienz angeht, gibt es ein schönes Schaubild (siehe Bild unten). Man sieht: Das Unternehmen mit dem grünen Graph war vor der Krise auf dem dritten Platz am Markt. Innerhalb der Krise hat das Unternehmen auch gelitten, doch hat es sich schneller als die bisherigen Marktführer erholt und diese dann überholt.

Wie können Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit steigern? Dr. Ulrich Franke: Das Interessante ist: Unabhängig von der Art der Krise sind es meist die gleichen Maßnahmen. Nehmen wir dazu ein Beispiel aus dem privaten Alltag: Als Hausbesitzer stelle ich mich auf Krisen ein. Und egal, ob Sturm oder Feuer, meistens ist die Abwehrmaßnahme gleich: die Feuerwehr oder als Prävention die Versicherung. Auch für mich als Mensch leite ich laufend Präventivmaßnahmen ein. Ich treibe Sport, gehe in die Sauna und ernähre mich gesund. Und wenn dann ein Virus kommt oder ich mich verletze, werde ich schneller wieder gesund als ohne Vorbereitung. Man ist auch weniger wehleidig und das ist gut, denn positive Stimmung ist die beste Medizin. Die Wirkungsweise ist bei einem Unternehmen dieselbe: Es kommt nicht darauf an, zu wissen, welche Krise einen erwartet, sondern dass man generell bereit ist. Und dadurch geht es schneller und gestärkter aus der Krise heraus als der Wettbewerb.
Wie kann das im Konkreten bei Unternehmen aussehen?
Dr. Ulrich Franke: Als Unternehmen lege ich beispielsweise präventiv einen Krisenstab fest, habe einen Notstromaggregator für die IT, speichere wichtige Informationen gesondert ab und sorge dafür, dass alle Führungskräfte einen Laptop haben und mobil sind. Außerdem habe ich als Unternehmen für wichtige und kritische Rohstoffe, Halbfertigteile und Dienstleistungen zwei oder mehrere Bezugsquellen qualifiziert, sodass man schnell den Lieferenten wechseln kann. Das Gleiche gilt für das Personal, das möglichst flexibel und qualifiziert mit verschiedenen Tätigkeiten betraut werden kann. Außerdem müssen Unternehmen Frühwarnindikatoren wahrnehmen, z.B. könnte eine hohe Personalfluktuation eines Lieferanten ein Hinweis auf eine bevorstehende Insolvenz sein.
Welche Rolle spielt die Kommunikation für die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens?
Dr. Ulrich Franke: Die Kommunikation und der Austausch von Informationen, Meinungen und Einschätzungen sind extrem wichtig. Nur ein gut informierter und im Dialog diskutierter Kontext führt in der Regel zu besseren Entscheidungen. Dabei sollte die Kommunikation immer fair, sachlich und kollegial sein, das ist in Krisenzeiten besonders wichtig, man muss sich ja in Extremsituationen noch mehr vertrauen als üblich.
Welche Rolle spielt zukünftig die Digitalisierung für die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens?
Dr. Ulrich Franke: Gerade jetzt in der Corona-Krise zeigt die Digitalisierung ihren Wert. Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad werden sicherlich diese und kommende Krisen besser durchlaufen und damit an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Es scheint so, dass sich die Investitionen in die Digitalisierung schneller amortisieren als gedacht. Der Schlüssel zur Widerstandsfähigkeit sind Echtzeitdaten und Datenanalyse, sodass Transparenz der Lage geschaffen werden kann. Diese „echten“ Informationen lassen Manager die richtigen Entscheidungen treffen. Dieses Grundprinzip gilt natürlich auch in Nicht-Krisenzeiten, aber in Krisen umso mehr.
Haben die Corona-Krise und der Lockdown im positiven Sinne das Thema Digitalisierung vorangebracht?
Die Antwort von Dr. Ulrich Franke folgt in Kürze in Teil 2 des Interview.
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Dr. Ulrich Franke ist Management Consultant for Digital Solutions bei der Cassini Consulting AG. Davor war er Professor für Logistik / SCM an der SRH Hochschule in Hamm und Manager in diversen Logistikunternehmen. Seine derzeitigen Beratungsschwerpunkte sind die Blockchain-Technologie, Supply Chain Risk, Security und Resilience Management
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Bildquellen:
1. Foto by Markus Winkler on Unsplash (Crisis) > zum Bild
2. Schaubild by Cassini Consulting
3. Foto by Dr. Ulrich Franke